Gruseln in der Kirche

Ziemlich schräg für einen Gottesdienst: Fledermäuse, Spinnen und ein Vollmond hinter Wolken an der Wand. Hexen und Schlangen hängen von der Decke. Und dann der Einstieg: Der schrille Schrei einer Frau, ein durchdringendes Schlagzeug-Intro und der Einmarsch der Konfirmandinnen und Konfirmanden. Die meisten schwarz gekleidet und mit Sonnenbrillen auf "cool" getrimmt. Dann werden aus allen Richtungen einzelne Worte gerufen: "Dunkelheit", "Kein Geld", "Höhenangst", "Schule", "Depression", "Horror"!
So leiteten die Konfirmandinnen und Konfirmanden der evangelischen Kirchengemeinde Bühlertal-Ottersweier am Sonntag Ihren selbst gestalteten Gottesdienst zum Thema "Angst" ein. Dieses Grundmotiv wurde als Feuerwerk der Überraschungen zelebriert. Die 31 Jugendlichen trugen mit ihrer Mixtur aus Dekoration, Beamer-Projektion, Musik und Unterhaltung die Gemeinde von einer Überraschung zur nächsten.
Auch der Bibeltext an diesem Jugendsonntag war natürlich ungewöhnlich: Die alttestamentliche Geschichte von der "Hexe von En-Dor" - sonst nicht gerade oft im Gottesdienst zu hören - lieferte den biblischen Beitrag zum Thema Angst: Sie schildert den König Saul, einen klassischen "Verlierertyp", wie er angesichts eines verlorenen Krieges Mittel und Wege sucht, seine Angst zu überwinden. Sogar eine Totenbeschwörerin, die "Hexe von En-Dor", schaltet er ein, um den Geist des toten Propheten Samuel aus dem Grab zu holen und um Rat zu fragen. Doch am Ende steht nur größere Angst und schließlich der Untergang Sauls. Diese deprimierende Geschichte unterlegten die Konfirmanden mit der Projektion eher spaßiger Fotos von sich selbst. Auch das eine Überraschung!
Konfirmandengottesdienst 2008
Bei aller Kreativität zur Steigerung des Unterhaltungswertes haben die Konfirmanden die Angst aber nicht einfach als Effekthascherei begriffen. Ganz im Gegenteil - auch die Wege aus der Angst wurden einprägsam beschritten. Wieder riefen die Jugendlichen der Gemeinde Wörter zu, Gegentexte zur Hexe von En-Dor: "Hoffnung", "Eltern", Musik", Gespräche", Ablenkung", "Radfahren". Der Selbstaufgabe stellten die Konfirmanden angesichts so vieler Auswege aus der Angst entgegen, dass sich der Kampf immer lohnt, denn "wer nicht kämpft hat schon verloren"! Christus macht als Hoffnungsträger alles neu und das Alte zur Vergangenheit. Fürbitte und Schlusssegen waren denn auch kraftvolle Kampfansagen gegen die Angst. Die Gottesdienstgestaltung, Auswahl der Lieder und das Spiel der achtköpfigen "Konfi-Band" sorgten am Ende für einen langen und herzlichen Applaus der Gemeinde.
Das Verteilen weißer Mäuse und Gespenster als süßem Gegenmittel gegen die Angst setzte am Ausgang den Schlusspunkt dieses Gottesdienstes. Schräg? Vielleicht, aber voller Symbolik und Aussagekraft und vor allem: Voller Hoffnung gegen die Angst in ihren vielen Spielarten.