Geschichte der Christusgemeinde Bühlertal

Überblick

Die Evang. Kirchengemeinde Bühlertal ist eine sehr junge Gemeinde. Erst 1965 bekam sie ihre Selbständigkeit. Das ist nicht verwunderlich, liegt sie als Diasporagemeinde doch mitten in einem seit jeher geschlossen katholischen Raum. Noch 1939 zählte man in Bühlertal nur 76 Evangelische; bei einer Einwohnerzahl von rd. 6000 war das gerade 1%. Die Wirren der Nachkriegszeit, die Ströme der Vertriebenen und Flüchtlinge ließ die Zahl der evangelischen Bürger in die Höhe schnellen. Nicht unerheblich waren auch die Zuzüge von Mitarbeitern der Firma AVOG bzw. später BOSCH aus dem Schwäbischen oder den vorwiegend evangelischen Teilen Badens. 1946 sind 251 Evangelische registriert, zum Jahresende 2000 waren es 849 Gemeindemitglieder in Bühlertal, 695 in Ottersweier, 163 in Altschweier und 268 in Neusatz.

Bis zur Selbständigkeit wurden die evangelischen Christen von Bühl aus pastoriert und mussten ihre Gottesdienste in wechselnden Provisorien halten. Ein Bahnhofsgebäude, eine stillgelegte Fabrik und eine Kapelle der politischen Gemeinde dienten so lange als "Kirchenersatz", bis im November 1961 die Einweihung der eigenen "Christuskirche" in der Hindenburgstraße durch Landesbischof D. Julius Bender gefeiert werden konnte. Es folgen der Bau der Neusatzer Gnaden-Kapelle (1963) und die Kapelle "Zum Guten Hirten" auf Sand an der Schwarzwaldhochstraße (1965). Die Evangelischen in Ottersweier mussten bis 1976 warten, bis auch sie durch den Bau eines kleinen Kirchengemeindehauses einen eigenen Sammlungs- und Gottesdienstort erhielten.

Schon früh - Anfang der 70er Jahre - nahm die Evangelische Kirchengemeinde Kontakt zu ihrer Partnergemeinde Woltersdorf (östlich von Berlin) in der damaligen DDR auf. Die Verbindung besteht heute noch.

Pfarrer/innen der selbständigen Ev. Kirchengemeinde Bühlertal:

  • Fritz Joecks (1957 - 1966)
  • Helmut Dieckmann (1966 - 1991)
  • Vakanzvertretung: Elisabeth Maier (1991 - 1997)
  • Pfarrvikare Theo Breisacher und Ruth Boos-Breisacher (1992 - 1995)
  • Christiane Drape-Müller (1995 - 2002)
  • Vakanzvertretung: Reiner Lichdi (2002 - 2003)
  • Stefan Kammerer (2003 - 2009)

Der Weg von ein paar Verstreuten zur Christusgemeinde Bühlertal

Die ersten Nachrichten vom Bestehen einer evangelischen Gemeinde in Bühlertal stammt aus dem Jahr 1855. In diesem Jahr wurden die Evangelischen dem Kirchspiel Bühl zugewiesen. Wie viele es waren, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Im Jahre 1870 waren es ca. 40 Seelen. 1900 stieg die Zahl auf 50. Damals ging man zu Fuß nach Bühl in die Kirche. Die Kinder besuchten den evangelischen Religionsunterricht in Bühl, meist war es aber so, dass der Geistliche von Bühl die wenigen Kinder in einem Privathaushalt sammelte. Ein größerer Zuzug kam erst, als die Avog ihren Betrieb eröffnete. Ein noch größerer Zuzug erfolgte durch das Einströmen der Heimatvertriebenen nach 1947. Waren es 1939 nur 76 Evangelische, 1946 bereits 251, so stieg die Zahl bis 1965 auf über 800 an.

Wann der erste Gottesdienst in Bühlertal abgehalten wurde, ist nicht bekannt. Nach den Akten war im Februar 1946 noch keiner. Die nächste Notiz stammt von Weihnachten 1946. Dort sind schon Gottesdienste eingerichtet, und 1947 z.B. wurden im ganzen schon 28 Gottesdienste in Bühlertal gehalten. Man versammelte sich anfangs im katholischen Schwesternhaus und im Bahnhofsgebäude im Obertal, und zwar in gewisser Regelmäßigkeit, etwa in vierzehntägigem Abstand. Bald wurde der Wunsch laut, dass auch Bühlertal einen eigenen Gottesdienstraum bekäme.

Der Heilige Abend 1948 war diesbezüglich ein wichtiger Tag. Seit jenem Tage hatte man in Bühlertal nicht nur einen fest eingerichteten Gottesdienst-Turnus (alle 14 Tage kam nun der Ortsgeistliche von Bühl, Pfarrer Mölbert, oder ein Vikar), sondern Frau Fackler und ihre Tochter, Frau Binder, stellten der Gemeinde auch einen Saal ihrer ehemaligen Fabrik in der Laubenstraße 1 als Gottesdienstraum unentgeltlich zur Verfügung. Das Kirchspiel Bühl trug die Kosten des Umbaus, die sich mit Ausstattung auf etwa 3000 DM beliefen. Eine Haussammlung half die Kosten decken. 50 Sitzplätze hatte der Kirchenraum, in dem auch Jugendgottesdienst und Bibelstunde gehalten wurde. Acht Jahre blieb die Gemeinde im Fackler'schen Saal, bis sie dann wieder am Heiligen Abend 1956 in die kleine Kapelle in der Ortsmitte, die heutige Marienkapelle, umzog.

Schon seit 1954 wurden in Bühlertal um 9.30 Uhr sonntäglich Gottesdienste gehalten, und bald war es sogar möglich, den nur sehr lückenhaft gehaltenen Kindergottesdienst regelmäßig durchzuführen.
Es wurden auch immer mehr Stimmen laut, die meinten, Bühlertal müsse einen eigenen Pfarrer oder Vikar, zumindest aber einen Seelsorger haben, der ständig die Gemeinde versorgen könne. Dazu kam der immer stärker werdende Wunsch nach Selbständigkeit. Eine Reihe von Bühlertäler Gemeindegliedern trug diesen Wunsch mit einem Schreiben vom 14.10.1953 dem Evangelischen Oberkirchenrat vor. Der Oberkirchenrat schenkte damals dieser Bitte noch kein Gehör, sondern teilte mit, dass die Schaffung einer eigenen Kirchengemeinde noch wenig sinnvoll wäre. Damit war der Gedanke aber nicht zu Grabe getragen, sondern wurde im Laufe der Zeit immer lauter und eindringlicher ausgesprochen, zumal man 1954 343 und 1956 487 Gemeindeglieder zählte. Einem solchen Anstieg der Seelenzahl musste unbedingt Rechnung getragen werden, und so ist es nicht verwunderlich, dass man schon bald das nächste Gesuch in Karlsruhe einreichte. Das Ergebnis war, dass mit dem 1. April 1957 die Diaspora-Gemeinde Bühlertal mit Neusatz und Altschweier zu einer eigenen selbständigen Kirchengemeinde erhoben wurde.

Es wird aber nicht verwundern, wenn damit die Wünsche der Gemeinde nicht alle erfüllt worden waren. Denn was liegt näher, als dass bei der wachsenden Zahl der Gemeindeglieder (1957 zählte man 508) der Ruf nach einer eigenen richtigen Kirche mit eigenen Gemeinderäumen immer lauter wurde. 1956 schien es ja, als ob der damals gefundene Raum für die nächste Zeit ausreichen würde. Das erwies sich aber als Irrtum. Die Kapelle war viel zu klein. Und da man ja nicht früh genug anfangen kann zu sparen, auch wenn anscheinend zunächst noch kein dringendes Bedürfnis für den Neubau einer Kirche vorliegt, wurde zu Pfingsten 1956 die Gemeinde aufgerufen, für ein später einmal zu bauendes Gotteshaus jetzt schon zu spenden. Es wurde die Gotteshausneubaukasse gegründet. Aber wenn man eine Kirche bauen will, braucht man nicht nur Geld, sondern vor allem einen Bauplatz. Deshalb war es die wichtigste Aufgabe für den Kirchengemeinderat, für einen solchen zu sorgen. Mit viel Mühe und Liebe widmete sich dieser Aufgabe nun insbesondere Herr Bößmann (Kirchengemeinderat seit 1957). Allein seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass der 10 ar große Bauplatz in der Hindenburgstraße am 24. August 1957 zu einem tragbaren Preis von 10.000.- DM erworben werden konnte.

Unter Mithilfe des Evangelischen Oberkirchenrates wurden nun Pläne für einen Neubau entworfen und am 14. Oktober 1959 beschloss man dann eine neue Kirche zu bauen. Als Architekten hatte man bereits 2 Jahre zuvor Herrn Wolfgang Rumpel kennen gelernt, der dann auch gerne den Kirchenneubau übernahm. Die Bauleitung führte Architekt Herr Dieter Quast aus Heidelberg. Bereits am 6. November 1960 konnte der erste Spatenstich und am 4. Juni 1961 die Grundsteinlegung vollzogen und gefeiert werden. Nach einjähriger Bauzeit konnte dann am 12. November 1961 Abschied von der alten Kapelle genommen und die neue Christuskirche durch Landesbischof Bender eingeweiht werden.

Im Januar 1965 erfolgte schließlich die Loslösung der Kirchengemeinde Bühlertal von Bühl und die Erhebung zu einer eigenen Pfarrei. Gleichzeitig kam noch Ottersweier mit der Pflegeanstalt Hub und Steinbach mit den Nebenorten dazu. Die beiden Bühler Pfarreien wurden wieder zu einer Pfarrstelle zusammengefasst, so dass es in Bühl seither nur noch die Johannespfarrei gibt. Bis 1970 gehörte dann die Kirchengemeinde Steinbach als Filialgemeinde mit ihrem Pfarrdiakon zu Bühlertal (ab 1968 eigenständige Pfarrei). Abgeschlossen wurde die Entwicklung zur eigenen Pfarrei mit dem Bau eines Pfarrhauses gegenüber der Kirche in Bühlertal 1966. Dort ist seitdem auch das Pfarramt untergebracht. Im Dezember 1966 zog dann der erste Pfarrer der nun eigenständigen Pfarrei, Helmut Dieckmann, im neuen Pfarrhaus ein. Fast 25 Jahre betreute er die junge Gemeinde. In dieser Zeit entstanden, auch unter der Mitwirkung seiner Ehefrau Annegret, eine Reihe von Gemeindekreisen, die im Gemeindebuch von 1984 dokumentiert sind. Pfarrerin i.R. Elisabeth Maier stand der Gemeinde in der Vakanzzeit von 1991 bis 1997 vor. Von 1992 bis 1995 teilten sich das Vikarsehepaar Ruth Boos-Breisacher und Theo Breisacher die Aufgaben in der Gemeinde. 1995 zog dann die Pfarrvikarin Christiane Drape-Müller mit ihrer Familie im Pfarrhaus ein. Nach ihrer Amtseinführung als Pfarrerin im Januar 1997 übernahm sie dann die Pfarrei, wodurch die Vakanzvertretung von Pfarrerin Maier endete. Die letzte Veränderung erfolgte im Dezember 2000. Bis zu diesem Datum hatte die Gemeinde eigentlich keinen eigenen Namen. Sie wurde einfach nur als Evangelische Kirchengemeinde Bühlertal - Ottersweier - Neusatz - Schwarzwaldhochstraße bezeichnet. Der Kirchengemeinderat beschloss nun, dass die Diasporagemeinde „Christusgemeinde Bühlertal“ heißen solle.

Wie in Bühlertal 1961 war in allen Gemeindeteilen der gleiche Wunsch da, eigene Kirchenräume zu haben. Der Tatkraft von Pfarrer Fritz Joecks verdanken wir es, dass am 26. Mai 1963 die Gnadenkapelle in Neusatz und am 2. April 1965 die Höhen-Kapelle „Zum Guten Hirten“ auf Sand eingeweiht werden konnte. Schließlich durfte auch der Ottersweierer Gemeindeteil, nach zahlreichen Eingaben und Vorsprachen im Oberkirchenrat durch Pfarrer Dieckmann und Frau Rosemarie Nock, am 9. Mai 1976 das „Kirchengemeindehaus Hephata“ beziehen.

Flüchtlinge und Industrialisierung: Keimzelle der Bühlertäler Evangelischen

Die ersten Jahre nach dem Krieg änderten vieles. Allein die Zahlen machen das deutlich. Lebten bis 1946 in Bühl 654 und in der Diaspora 627 Evangelische (wobei noch beachtet werden muss, dass von diesen 627 allein 380 der Kreispflegeanstalt Hub als Patienten oder Pflegepersonal angehörten, so dass in der eigentlichen Diaspora nur 247 Evangelische wohnten), so erfuhr die Verteilung der Evangelischen bereits bis zum Jahr 1949 eine wesentliche Verschiebung. Es lebten jetzt im Hauptorte 788 und in der Diaspora aber 1227 Gemeindeglieder. Das hatte seine Gründe zunächst darin, dass viele Flüchtlinge, die meistens Evangelische waren, den Dörfern zugewiesen wurden. Auch wurde in Altschweier ein Flüchtlingslager errichtet, dessen Insassen zur Gemeinde zählten und vom Pfarramt in Bühl versorgt werden mussten. Die Fülle von Arbeit, vor allen Dingen in der ersten Zeit nach dem Krieg, machte die Einstellung einer eigenen kirchlichen Fürsorgerin für den Pfarrbezirk zur Notwendigkeit. Im Laufe der Jahre wurden die Flüchtlinge heimisch. Wie wichtig dieses Problem war, kann man wiederum aus einigen Zahlen ersehen. 1946 lebten zusammen 1281 Evangelische in Bühl und Umgebung, 1955 waren es 3017. Die allermeisten von ihnen waren Flüchtlinge. Das Heimischwerden dieser großen Zahl von Menschen kann man an den verschiedensten Erscheinungen ermessen. Zunächst sei genannt, dass Konzentrationen an bestimmten Ortschaften festzustellen waren. Vor allem dort, wo sich Arbeitsmöglichkeiten boten. Im flachen Land konnte die Landwirtschaft, die zudem immer mehr die Maschine einsetzte, die vielen Neuzugezogenen nicht ernähren. So entvölkerten sich die kleinen Dörfer mehr und mehr von Evangelischen und in Bühl und Bühlertal zogen immer mehr zu. Das steile Ansteigen der evangelischen Bevölkerung in Bühlertal hat te aber auch noch andere Gründe.

In Bühl und Umgebung wurde stark Industrie angesiedelt und mit ihr zogen Fachkräfte vor allem aus dem württembergischen Raum in das Gebiet der Pfarrei, wodurch besonders der evangelische Anteil der Bevölkerung erhöht wurde. Beide Teile, Flüchtlinge und Neuzugezogene, begannen sich langsam in die Bevölkerung einzugliedern. Immer mehr Gemeindeglieder bauten Häuser und fühlten sich bald so wie die Alteingesessenen als Bühler, zumal ja schon die Kinder in der neuen Heimat geboren waren.

Es war auf die Dauer unmöglich, dass ein Pfarrer für alles verantwortlich war, so dass im April 1953 wegen der immer größer werdenden Arbeit ein zweites Vikariat mit Dienstsitz in Steinbach errichtet wurde. Es gab in den Jahren zwischen 1955 und 1963 im ganzen 12 Predigtstellen und 18 verschiedene Orte, an denen Religionsunterricht erteilt wurde. Bei dieser ausgeweiteten und viel verzweigten Arbeit war es selbstverständlich, dass einige Neuordnungen geschehen mussten. Schon früh meldeten sich in Bühlertal Gemeindeglieder, die eine größere Selbständigkeit der stets wachsenden Gemeinde wünschten. Bereits 1953 baten sie um Errichtung einer selbstständigen Kirchengemeinde Bühlertal, was der Evangelische Oberkirchenrat seinerzeit aber ablehnte. Die Entwicklung konnte deswegen jedoch nicht aufgehalten werden, zumal die Anzahl der Evangelischen von diesem Zeitpunkt bis 1956 noch über 40% anwuchs.
Eine ähnliche Situation wie in der größten Nebengemeinde Bühlertal war nämlich auch in der ältesten, in Steinbach, festzustellen. Nur war der Zuwachs dort nicht so groß, weil in dieser Gegend die Industrie nicht so stark vertreten war.

Bereits 1954 wurde die Schwarzwaldgemeinde Herrenwies, die einstmals ein wichtiger Teil der Kirchengemeinde war und Hundsbach an die damals im Murgtal neuerrichtete Pfarrei Forbach abgetreten.
Der Evangelische Oberkirchenrat errichtete deshalb auf Antrag des Kirchengemeinderates in Bühl eine zweite Pfarrei. Die Anträge dazu wurden bereits 1955 gestellt. In der Tat sollte dieses Vorhaben aber erst mit der Pensionierung von Pfarrer Mölbert umgesetzt werden.

Am 30. Juni 1957 ging Pfarrer Mölbert nach 24jähriger Tätigkeit in den Ruhestand. Am 1. Juli wurde der eine der beiden Vikare Fritz Joecks zum Pfarrverwalter der neuen Pfarrei Bühl Süd (später Johannespfarrei) ernannt und am 16. Juli 1957 dem anderen Vikar Dieter Bender (Dienstsitz Steinbach) die Verwaltung von Bühl Nord (später Lukaspfarrei) übertragen. Ab 1959 hatte Pfarrer Oswald Bernau aus Meßkirchen diese Stelle inne. Die Grenzen der Pfarreien in Bühl war die Bühlot und der Sandgraben (also entlang der Eisenbahnstraße). Der südliche Teil Bühls mit den südlich gelegenen Orten Altschweier, Bühlertal, den Höhenkurorten, Neusatz, Ottersweier mit Hub, Unzhurst und Oberweier gehörten zur späteren Johannespfarrei (die Namensgebung wurde am 29. Mai 1959 vom Kirchengemeinderat beschlossen), der nördliche Teil mit Steinbach, Balzhofen, Eisental, Leiberstung, Weitenung, Moos, Neuweier, Oberbruch und Vimbuch zur Lukaspfarrei.

Gleichzeitig wurde das Bühler Kirchspiel rechtlich in drei Bezirke aufgeteilt. Neben der Muttergemeinde Bühl entstanden die nun selbstständigen Tochtergemeinden Bühlertal mit Neusatz, Altschweier und den Höhenkurorten (zusammen 680 Seelen) und Steinbach mit Neuweier, Eisental und Varnhalt (zusammen 450 Seelen), so dass also fortan drei räumlich nicht zu stark ausgedehnte Kirchengemeinden zum Pfarramt Bühl gehörten.

Jede dieser Gemeinden hatte einen eigenen Ältestenkreis, einen eigenen Haushaltsplan und war selbst für die weitere Entwicklung verantwortlich, wurden aber nach wie vor von der Muttergemeinde Bühl aus versehen.

Die Gemeindemitglieder der beiden Pfarreien betrug z.Z. der Gründung:

  • Johannespfarrei: Bühl 940, Umgebung 1216, zusammen: 2156 
  • Lukaspfarrei: Bühl 678, Umgebung 663, zusammen 1341

Zusammen also in Bühl 1618, in der Diaspora 1879
Zusammen für das ganze Kirchspiel: 3497

Bildung der Evangelischen Gemeinde Bühl

Die Entstehungsgeschichte der Bühler Gemeinde ist vielschichtig. Ein Ursprung liegt historisch betrachtet in Achern. Hier unterzeichnete im Jahre 1521 der Bürgermeister von Achern den von Markgraf Philipp von Baden, dem Grafen Wilhelm von Fürstenberg und den Vertretern der bäuerlichen Regierung abgeschlossenen Vertrag von Renchen, welcher die Forderungen der Kirchenreformation enthielt. In der Zeit der Zugehörigkeit der Ortenau zu Österreich war das evangelische Glaubensleben unterdrückt worden. Der Anschluß Acherns an das Haus Baden 1805 führte auch zu einer "Mischung der Bevölkerung hinsichtlich Herkunft und Religion". Mit der Errichtung der Heil- und Pflegeanstalt Illenau kam Pfarrer Ernst Fink nach Achern, der am 11. Dezember 1842 in der Anstaltskirche den ersten evangelischen Gottesdienst hielt. Fink betreute die damals noch wenigen evangelischen Christen in den Amtsbezirken Achern, Bühl und Oberkirch, bis diese zu selbstständigen Kirchengemeinden wurden. Die 1838 gegründete Pastorationsgemeinde Bühl wurde von Achern, bzw. der Illenau aus bis 1854 betreut. Betrug die Zahl der evangelischen Christen in Achern und der umliegenden "Diaspora" 1855 noch 103 sowie 240 in der Heilanstalt, so wuchs die Zahl bis 1955 in der Stadt auf 744 sowie 306 in der Illenau an. 1908, am Sonntag Misericordias Domini wurde der Grundstein der evangelisch-protestantischen Christuskirche in Achern gelegt.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann in Bühl und Umgebung ein langsamer, aber stetiger Zuzug evangelischer Glaubensangehöriger. Am 5. März 1850 erging durch den Anstaltspfarrer der Illenau, Ernst Fink, der die pastorale Betreuung der ersten Protestanten in Bühl übernommen hatte, an den evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe die Bitte um einen eigenen Geistlichen und einen evangelischen Gottesdienst für die Gemeinde Bühl. Die Kirchenbehörde begrüßte diesen Wunsch, verlangte aber außer der Stellung eines gottesdiensttauglichen Lokals auch einen ständigen Geldbetrag von den evangelischen Gläubigen. Die seinerzeit in Bühl ansässigen 111 Bürger evangelischen Glaubens verpflichteten sich zur Aufbringung von etwa 100 Gulden jährlich. Als gottesdiensttaugliches Lokal wurde mit Genehmigung des Stadtrates und des Oberschulinspektors, Kirchenrat Zimmermann, jederzeit widerruflich für die Zeit Sonntag nachmittags von drei Uhr ab ein Zimmer der Volksschule zur Verfügung gestellt.

Am 28. Juli 1850 wurde durch Pfarrer Fink der erste evangelische Gottesdienst im Bühler Schulhaus abgehalten und so der erste und entscheidende Schritt zur Bildung einer evangelischen Diasporagenossenschaft, einer Kirchengemeinde ohne Gemeinde-, sondern nur mit Vereinsrechten gemacht. Die Gottesdienste im Volksschulgebäude wurden anfangs alle vier Wochen abgehalten. Der beschwerliche Dienst in der Illenauer Anstalt erlaubte es aber Pfarrer Fink auf die Dauer nicht, regelmäßig Gottesdienste in Bühl abzuhalten. Da auch er wusste, dass die Mittel für einen eigenen Geistlichen in Bühl nicht aufzubringen waren, erbot er sich, bis auf weiteres einen Vikar für Bühl in seiner Wohnung aufzunehmen und denselben unentgeltlich zu verköstigen, vorausgesetzt, die Kirchenbehörde bezahlte dessen jährliches Gehalt von 120 Gulden. Der Plan fand Anklang, und am 25. November zog Vikar Sachs, der zwar an Bluthusten litt, aber dennoch imstande war, die pfarramtlichen Geschäfte zu leiten, in der Illenau ein.

Im Februar 1851 mietete die evangelische Gemeinschaft den Saal des Gasthauses „Zum Ochsen“ in der Schwanengasse von dessen evangelischem Besitzer Vogt als eigene Gottesdiensträumlichkeit an. Da Pfarrer Fink im Juni 1853 mit Rücksicht auf seine kränkliche Frau die unentgeltliche Unterbringung des Bühler Vikars aufkündigte, beschoss der Oberkirchenrat, dass der neue Vikar Wilhelm Menton seinen Wohnsitz in Bühl zu nehmen habe, und zwar im Hause des Amtschirurgen Kaiser. Ein Jahr später tauchte der Plan auf, mit Hilfe einer allgemeinen Landeskollekte ein Grundstück für eine eigene Kirche mit Pfarrhaus zu erwerben. Im Januar 1856 wurde dann ein zwischen dem Krempengäßchen und der Bühlot gelegenes Grundstück samt der darauf befindlichen Gebäude erworben. Das sich auf dem Grundstück befindende Wirtshaus wurde zum Pfarrhaus und das dazugehörige Brauhaus zum Betsaal umgebaut und am 7. September 1856 durch den damaligen Dekanatsverwalter der Diözese Rheinbischofsheim, Pfarrer Schember von Freistett, und den Pfarrverwalter Friedrich Wilhelm Schmidt, der seit 30. August 1855 in Bühl war, feierlich eingeweiht.

Bereits 1854 wurde dem Bühler Geistlichen auch die Pastoration der Waldkolonie Herrenwies übertragen. Zum Pastorationsbezirk Bühl gehörten damit die Gemeinden Altschweier, Balzhofen, Bühlertal, Eisental, Hatzenweier, Herrenwies, Hildmannsfeld, Hundsbach, Kappelwindeck, Lauf, Leiberstung, Moos, Neusatz, Neuweier, Oberbruch, Oberwasser, Oberweier, Ottersweier mit Hub, Steinbach, Unzhurst, Varnhalt, Vimbuch, Waldmatt und Zell.

1864 erhielt die evangelische Pastorationsstelle Bühl die Standesbeamtung, ein weiterer Schritt zur offiziellen Anerkennung der Genossenschaft. Der 14. März 1901 brachte dann die ersehnte Bildung einer evangelischen Kirchengemeinde, umfassend die Evangelischen der 9 Gemarkungen Bühl, Altschweier, Bühlertal, Kappelwindeck, Ottersweier, Hatzenweier, Oberweier, Eisental und Steinbach. Die erste Pfarrerwahl für die nun selbständige Kirchengemeinde erfolgte im Januar 1905. Sie fiel einstimmig auf den derzeitigen Pfarrverwalter Hellmuth Hack, der am Sonntag, dem 12. Februar 1905, feierlich eingeführt wurde.

Die Volkszählung 1925 ergab für Bühl 645 Evangelische, für das ganze Kirchspiel 1277. Diese zahlenmäßige Zunahme der Gemeinde in Verbindung mit dem Anwachsen des Schulwesens (die Realschule wurde Oberrealschule mit Realgymnasium, ferner Gewerbeschule, Handelsschule, Fortbildungsschule und Kreishaushaltungsschule mit Religionsunterricht) brachte schließlich eine Arbeitslast, die für einen Geistlichen untragbar wurde. Durch Beschluss der Kirchenregierung vom 13. Mai 1927 wurde in Bühl ein ständiges Vikariat errichtet.

1933 wurde Pfarrer Fritz Mölbert an die Pfarrstelle gerufen und sollte nun die Aufgabe haben, die immer größer werdenden Gemeinden geistlich zu versorgen. Mit großem Elan und Einsatzbereitschaft baute er ein großes Netz von Gottesdienst- und Unterrichtsstationen von Bühl aus auf und versorgte zusammen mit einem Vikar den ganzen großen Pfarrbezirk. Bis nach dem 2. Weltkrieg blieb nun Bühl unter seiner seelsorgerlichen Leitung der Mittelpunkt des ganzen Diasporabezirkes von Herrenwies bis an die Grenze des Hanauerlandes in Unzhurst und Moos, von Ottersweier bis nach Neuweier und Gallenbach.

Schwedischer König gab dem Diasporawerk seinen Namen

Der älteste Unterstützerverein für evangelische Minderheiten wurde vor 160 Jahren in Baden aktiv. Erster Kirchenbau in Offenburg.

Der erste Kirchenbau durch das Gustav-Adolf-Werk (GAW) in Baden wäre fast auch schon der letzte gewesen. "Der Bau in Offenburg verschlang beinahe unsere gesamten damaligen Geldmittel", beschreibt Geschäftsführer Gerhard Döring die mühsamen Anfänge des nach dem Schwedenkönig Gustav Adolf II (1594 bis 1632) benannten evangelischen Diasporawerks im 19. Jahrhundert. Der älteste, 1832 in Leipzig gegründete Unterstützerverein für evangelische Minderheiten begann vor genau 160 Jahren auch zwischen Wertheim und Bodensee aktiv zu werden.

Eine Vielzahl evangelischer Kirchen und Pfarrhäuser seien trotz des Beinahedesasters von Offenburg aus Spenden des GAW gebaut worden, erklärt Döring. "Die meisten Gebäude aus dieser Zeit werden noch immer von den Gemeinden genutzt." Der 58-Jährige fährt mit einer Handfläche über die metergroße Landkarte an der Tür zu seinem Büro. Sie zeigt Baden im Jahr 1850. Kleine, bunte Farbkleckse markieren die damaligen evangelischen Dekanate. Viele Flächen sind jedoch nicht eingefärbt, besonders in Südbaden.

"Zwei Drittel der gesamten badischen Bevölkerung war katholisch", berichtet Döring. Im Zuge der Industrialisierung breiteten sich die Protestanten aber bis in entlegene Schwarzwaldtäler aus. Evangelische bauten an Eisenbahnstrecken mit, fanden Arbeit in neuen Fabriken und dienten insbesondere in der zunehmenden Verwaltungsbürokratie. In ihren neuen Gemeinden stießen sie allerdings nicht immer auf christliche Nächstenliebe.

Mancherorts entledigten Katholiken ihre Notdurft in gerade gebauten evangelischen Kirchen, erzählt Döring. Auch krakeelten romtreue Provokateure schon mal lauthals vor Friedhöfen, wenn Protestanten ihre Verstorbenen beerdigten. Doch im Zeitalter der Ökumene sind solche Episoden längst nur noch Anlass zum Schmunzeln. Viel mehr beschäftigt das GAW heutzutage Kritik aus den eigenen, evangelischen Reihen. Manche Kirchenleute beäugten das GAW als "protestantische Hardliner", andere hielten den "Gemeindeaufbauverein" schlicht für überflüssig, sagt Döring. "Sie übersehen jedoch, dass Protestanten nicht überall so leben wie in Deutschland."

Der Geschäftsführer erzählt von Portugal und Spanien. Dort würden evangelische Kirchen noch immer als Sekten bezeichnet. Oder Griechenland. Dort versuchten die Behörden, protestantische Kirchenneubauten zu verhindern, einer Rundfunkanstalt hätten sie die Sendeerlaubnis entzogen. Zur Unterstützung solcher Diasporakirchen in aller Welt sammeln Döring und seine Kollegen in den bundesweit 27 GAW-Hauptgruppen Geld. Mit mehr als 2,2 Millionen Euro will das GAW in diesem Jahr kirchliche Bauvorhaben in der Ukraine finanzieren, die Ausbildung von Seelsorgern in Italien unterstützen oder helfen, soziale Projekte in Argentinien am Leben zu halten. Insgesamt stehen 178 Hilfsprojekte in 29 Ländern auf der Empfängerliste. Aus Baden werden etwa 250 000 Euro beigesteuert.
Mit einer gewissen Sorge betrachtet Döring die allgemein rückläufige Spendenbereitschaft. Um die Bedeutung des GAW an sich ist es Döring indes nicht bange. Er verweist auf den Namensgeber Gustav Adolf, den kämpferischen Protestanten aus Schweden. Man könne ihn sicher als Kriegsherrn kritisieren, sagt der Geschäftsführer, "aber ohne sein Eingreifen während des Dreißigjährigen Krieges hätte der Protestantismus in Deutschland nicht überlebt". Evangelische Kirchen wären auch in Baden nie gebaut worden.

Aus dem Acher- und Bühler Boten vom 5. März 2003
Anmerkung: Auch unsere Christuskirche wurde 1961 vom Gustav-Adolf-Werk mitfinanziert

Die Ausbreitung der Reformation in Baden

Gerade im Badnerland hat die frühe Kirchengeschichte ihre Spuren hinterlassen. Anfang des 16. Jahrhunderts läuteten die provokanten Thesen Martin Luthers ein neues Zeitalter ein. Luther übte scharfe Kritik an der mächtigen und bis dahin konkurrenzlosen römisch-katholischen Kirche.

Hauptkritikpunkt war der päpstliche Ablasshandel. Luthers Kritik an der Kirche breitete sich aus wie ein Lauffeuer - auch im Badischen. Im April 1518, ein halbes Jahr nach dem Thesenanschlag in Wittenberg, kam Luther zu einer Veranstaltung nach Heidelberg. Er legte dort theologische und philosophische Thesen vor, die sogenannten Heidelberger Disputationsthesen. Sie waren im Grunde noch viel radikaler und folgenreicher als die 95 Thesen. Denn die jüngeren Leute, die damals in Heidelberg Theologie und Philosophie studiert haben, waren begeistert von dem Mann aus Sachsen.

Luther war allerdings nicht der erste und auch nicht der einzige, der im ausgehenden Mittelalter versucht hatte, die Kirche zu erneuern. Jan Hus, der große tschechische Reformator versuchte auf dem Konzil zu Konstanz (1414-1418) seine Glaubensvorstellungen zu verteidigen. dass er seine Ansichten nicht widerrufen wollte, kostete ihn 1415 vor den Toren der Stadt das Leben. Philipp Melanchthon aus Bretten, späterer Weggefährte Martin Luthers, studierte schon mit 12 Jahren in Heidelberg, mit 15 machte er seinen Abschluss. Er war es, der Luther zur deutschen Übersetzung der Bibel drängte, damit auch das einfache Volk die Heilige Schrift lesen konnte. In der deutschen und französischen Schweiz führten Ulrich Zwingli in Zürich und Johann Calvin in Genf die Reformation ein, deren Bewegung zur Reformierten Kirche führte, die neben der lutherischen Richtung ebenfalls in Baden Fuß fassen konnte. Calvin, der zeitweise wegen übergroßer Sittenstrenge aus Genf ausgewiesen wurde und in dieser Zeit in Straßburg wirkte, traf dort mit Philipp Melanchthon und Martin Bucer zusammen.

Straßburg, als Bischofssitz schon Jahrhunderte Zentrum für die Katholiken der Ortenau, im 15. Jh. zudem ein Mittelpunkt der oberdeutschen Mystik, im 16. Jh. eine Hauptstadt des Humanismus, wurde auch einer der Hauptorte der Reformation. Die neue Lehre fasste hier schon nach 1520 Fuß und wurde durch das Wirken von Reformatoren wie Martin Bucer und Caspar Hedio auch über den Rhein verbreitet.

Wesentlich zur Ausbreitung der Reformation in der Ortenau trug Graf Wilhelm von Fürstenberg bei, dem seit 1504 die Landvogtei verpfändet war. Schon früh ein Anhänger der neuen Lehre, schloss er sich 1529 dem Landgrafen Philipp von Hessen an, nahm im gleichen Jahr an einem Treffen der Evangelischen in Schmalkalden sowie am Marburger Religionsgespräch teil, begleitete von dort Zwingli, Bucer und Hedio bis Straßburg, verhalf dem vertriebenen Ulrich von Württemberg wieder zu seinem Herzogtum und förderte, in sein Land zurückgekehrt, verstärkt den neuen Glauben.

Als Markgraf Christoph von Baden im Jahr 1515 die sogenannte „pragmatische Sanktion“ erließ, die auch Vorschriften für die Teilung des Landes enthielt, stellte er damit die Weichen nicht nur für eine 250 Jahre währende verschiedene Entwicklung der beiden Markgrafschaften, sondern zugleich für die konfessionelle Spaltung des Landes. Unter dem von ihm bevorzugten Sohn Philipp I vollzog sich ein erstes Eindringen des evangelischen Glaubens, dem der Markgraf zunächst nachgab. Im Laufe der folgenden Jahre zeigte es sich jedoch, dass der Markgraf zwar nicht alle Reformen rückgängig machen wollte, aber fein gemach wieder zum Papsttum abgefallen sei, wie der Chronist Sebastian Franck schrieb; er kehrte nach 1530, Reichstag zu Augsburg, zum Katholizismus zurück.

Kaiser Karl V wollte auf diesem Reichstag die lästige Revolte gegen die heilige katholische Reichskirche rasch beenden. Die so genannten Protestanten sollten ihre Kritik widerrufen, und zwar schnell. An Details hatte der Kaiser kein Interesse, wohl aber die Gegenseite. 28 Artikel zu christlichem Glauben und kirchlichen Gebräuchen legte Philipp Melanchthon, der Weggefährte Luthers, vor und wollte darüber diskutieren. Der Kaiser ließ zwar zu, dass die Artikel dieses „Augsburger Bekenntnisses“ (lateinisch: Confessio Augustana) im Bischofspalais verlesen wurden, aber damit waren die Grenzen seiner Geduld erreicht. Die Evangelischen mussten abreisen. Die Kriege begannen. Erst als sich Karl V amtsmüde nach Spanien zurückzog, stiftete sein späterer Nachfolger Ferdinand bei einem weiteren Augsburger Reichstag 1555 Frieden zwischen den katholischen und evangelischen Reichsständen. Man einigte sich auf den Grundsatz „cuius regio, eius religio“ („wessen das Land, dessen ist die Religion“). Der jeweilige Fürst konnte entscheiden, welche Konfession in seinem Land herrschen sollte. Doch der „Augsburger Religionsfriede“ blieb brüchig, und erst mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 hörten die Religionskämpfe endlich auf.

Zunächst war 1533 die Markgrafschaft an die beiden Brüder Philipps I, Bernhard und Ernst, gefallen, die es nach einer kurzen Zeit gemeinsamer Regierung teilten. Dabei erhielt Bernhard den Baden-Badischen Teil samt den Gemeinherrschaften Lahr-Mahlberg und Eberstein zu seinen sponheimischen Besitzungen, Markgraf Ernst aber den Baden-Pforzheimischen (später -Durlachischen) Teil zu den ihm gehörenden Besitzungen im Markgräflerland. Diese Teilung hatte Bestand, bis 1771 infolge Aussterbens der Baden-Badischen Linie die beiden Markgrafschaften wieder vereinigt wurden.

Bernhard wird in der Literatur als evangelisch bezeichnet, obwohl sich aus den vorhandenen Quellen dazu nur wenig erheben läßt. Die ihm zur Verfügung stehende Zeit war auch zu kurz. Er starb bereits 1536, wobei er den erst einjährigen Sohn Philibert hinterließ. Die Einrichtung einer Vormundschaft war nötig. Dabei gelang es der bayrischen Herzogin Jakobäa (Tochter Philipps I), die evangelische Verwandtschaft von der Vormundschaft auszuschließen und stattdessen eine rein katholische Vormundschaft zu bestellen. Sie versuchte nun, im ganzen Land die katholische Religion wiederherzustellen, was ihr aber nur in geringem Ausmaß gelang. Dies war zweifellos das Verdienst des ehemals simmerischen Rates Johann Jakob Vambüler, der bei der Einrichtung der vormundschaftlichen Regierung einer der badischen Räte geworden war Markgraf Philibert selbst hielt sich in Religionsdingen zurück, d.h. er schloss sich keiner Partei an, duldete und bevorzugte aber die Anhänger des Augsburger Bekenntnisses. Nach eigenem Bekunden hat er es 1568 auch selbst angenommen. So kam es dazu, dass im Innern das Land mit seiner Beamten- und Pfarrerschaft größtenteils evangelisch war, nach außen hin aber immer noch als katholisch galt.

Schon um 1565 waren in Baden-Baden Anfänge einer kirchenleitenden Einrichtung gemacht worden. Die beiden Baden-Badener Geistlichen hatten die Kandidaten für die Pfarrstellen zu prüfen. Diese Entwicklung kam jedoch über Ansätze nicht hinaus, da sie durch die bayrische Vormundschaft nach dem Tode Philiberts brüsk abgebrochen wurde. Dabei war es der Herzogin Jakobäa wieder gelungen, die evangelischen Verwandten von der Vormundschaft auszuschließen und Baden-Baden durch eine bayrische Verwaltung regieren zu lassen. Diese ging sofort daran, das ganze Land zu rekatholisieren. Um die Einsprüche des Markgrafen Karl von Baden-Durlach auf einfache Weise loszuwerden, ließ sie den Erben Philipp II schon im Oktober 1571 im Alter von 12 1/2 Jahren für mündig erklären. So konnte sie bis zur Regierungsübernahme durch Philipp II im Jahr 1577 ungestört ihre Maßnahmen durchsetzen, auch gegen den Widerstand fast der gesamten Bevölkerung.

Dies alles änderte sich schlagartig im Jahr 1594 mit der sogenannten oberbadischen Okkupation. Wegen der Anhäufung von Schulden und dem leichten Lebenswandel des neuen Markgrafen Eduard Fortunat besetzte der evangelische Markgraf Ernst Friedrich von Baden-Durlach in einer raschen Aktion das ganze Land. Ernst Friedrich hielt sich zwar an die Bestimmung, in Sachen der Religion keine Veränderungen vorzunehmen, doch wurde der evangelische Einfluss in der Markgrafschaft spürbar größer. Nach und nach wurde die Beamtenschaft, vor allem in den maßgeblichen Stellen, ausgetauscht. Nach seinem Tode 1604 erreichte Markgraf Georg Friedrich in den folgenden Jahren durch sogenannte gelenkte Supplikationen, dass in den meisten Orten der Markgrafschaft neben evangelischen Beamten wieder evangelische Pfarrer angestellt werden konnten. Auch richtete er mit der Ernennung des Baden-Badischen Pfarrers zum Superintendenten eine Aufsichtsbehörde ein. Die Schlacht von Wimpfen im Jahr 1622 und die im selben Jahr folgende Restituierung des katholischen Markgrafen Wilhelm, des ältesten Sohnes Eduard Fortunats, machte dieser evangelischen Periode Baden-Badens ein Ende. In der Schwedenzeit nach dem Feldzug Gustav Adolfs 1632 konnten noch einmal einige Pfarreien evangelisch besetzt werden. Jedoch beendete die Schlacht von Nördlingen 1634 dann endgültig die Möglichkeiten, dem Evangelischen in der Markgrafschaft Baden-Baden Raum zu geben. Innerhalb eines Jahrhunderts wurde im Baden-Badischen die Glaubensrichtung siebenmal gewechselt (Rekatholisierung 1536, 1571, 1622). Ein wichtiges Ergebnis des Westfälischen Friedens war, dass jetzt neben den Katholiken und Lutheranern auch die Reformierten geduldet wurden.

Das Hanauerland gehörte im 16. Jahrhundert zum Herrschaftsgebiet Hanau-Lichtenberg, das sich zu beiden Seiten des Rheines erstreckte. Bis 1572 wurde ebenfalls die Reformation eingeführt. Als 1803 das Hanauerland zu Baden kam, hatte die Geschichte hier einen anderen Verlauf genommen als in der benachbarten Ortenau. Das Hanauerland ist bis heute größtenteils evangelisch geblieben.
Bedingt durch ihre Ausbreitung von der Schweiz und Frankreich (Hugenotten) über die Niederlande bis nach England und Schottland wundert es nicht, dass sich die Reformierte Kirche auch in Baden etablierte. Was die Lutheraner einerseits und die Reformierten andererseits trennte, waren vor allem theologische Fragen, eine gemeinsame Abendmahlsfeier etwa war undenkbar. Nicht nur, dass etwa die reformierte Gemeinde keine Gottesdienste in der Kirche der Lutheraner feiern durfte selbst in vielen Familien wurde streng darauf geachtet, dass die Grenzen zwischen den beiden evangelischen Konfessionen nicht überschritten wurden. Nur ganz allmählich kamen Lutheraner und Reformierte einander näher und die Konfessionsgrenzen wurden durchlässiger.

Es gab dann die ersten sogenannten Mischehen. Wenn wir heute das Wort Mischehe gebrauchen, dann meinen wir eine katholisch-evangelische Mischehe, aber damals gab es evangelisch-evangelische Mischehen. Anfang des 19. Jahrhunderts spielten die Unterschiede zwischen den beiden evangelischen Konfessionen praktisch kaum noch eine Rolle. Der badische Großherzog Karl Friedrich war selbst das Produkt einer evangelischen Mischehe. Sein Vater gehörte zu den Lutheranern, seine Mutter zu den Reformierten. Die Kirchenunion war allerdings keinenfalls nur von oben verordnet; sie war auch und vor allem das Ergebnis einer Revolution von unten. Dem einfachen Kirchenvolk waren die feinsinnigen theologischen Unterschiede zwischen Lutheranern und Reformierten zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht mehr einsichtig. So wurde 1821 auf einer Generalsynode in Karlsruhe die Vereinigung (Kirchenunion) der beiden evangelischen Religionsgemeinschaften besiegelt. Das war die Geburtsstunde der badischen Landeskirche.

Mit der Union gingen dreihundert Jahre Kirchenspaltung innerhalb des protestantischen Lagers zu Ende. Der badische Großherzog fungierte gleichzeitig als Landesbischof. Mit der praktischen Ausübung des obersten Kirchenamtes wurde allerdings ein anderer betraut: der Dichter und Gymnasiallehrer Johann Peter Hebel. Als Direktor des Karlsruher Gymnasiums gehörte Hebel schon lange der Kirchenleitung an. Auch ohne den formellen Titel gilt er vielen als erster echter badischer Landesbischof. Ganz allmählich vollzog sich im 19. Jahrhundert der Übergang von der Staatskirche zur Volkskirche. Lange Zeit war der Evangelische Oberkircherrat eine Abteilung des staatlichen Innenministeriums. Das Ende des 1. Weltkrieges veränderte das gesamte politische und gesellschaftliche System. Die Kirchen wurden zu selbständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Quellen:

  • Kurt Klein: Land um Rhein und Schwarzwald
  • Stadtgeschichtliches Archiv Bühl
  • Gemeindebuch der ev. Kirchengemeinde Bühlertal 1962
  • Geschichte der Landeskirche www.ekiba.de
  • Gemeindebuch der ev. Kirchengemeinde Bühlertal 1984
  • Geschichte Baden-Württemberg
  • Gemeindebuch der ev. Kirchengemeinde Bühl 1967
  • Zeitschrift standpunkte Ausgabe August 2001